Ein Hauch von Farce: Wenn Datenschutzlyrik auf digitale Realität trifft

von Marcus Woggesin – 13. August 2025

Ah, der Berufsverband Deutscher Psychologinnen und Psychologen (BDP). Welch eine Wohltat für müde Ohren. Da plant die Bundesregierung – wieder einmal, immer wieder, mit der Beharrlichkeit eines schlechten Gewissens – "wichtige Maßnahmen" zum Schutz unserer allerheiligsten Gesundheitsdaten in der elektronischen Patientenakte (ePA). Und der BDP? Er *begrüßt*. Mit einer Inbrunst, die fast rührend wäre, wäre sie nicht so erschreckend naiv. Man reibt sich die Augen und fragt sich: Ist das Satire oder einfach nur professioneller Realitätsverlust?

Natürlich, die Vokabeln klingen schön. "Sensibler Daten". "Schutz ergreifen". "Wichtige Maßnahmen". Es ist das übliche, in Watte gepackte Bekenntnisvokabular der digitalpolitischen Phrasendrescherei. Man stelle sich vor: Ausgerechnet in einem Land, dessen digitale Infrastruktur oft noch von Faxgeräten als Hochtechnologie träumt, dessen größte IT-Projekte regelmäßig in teuren Desastern enden – von Elster über die Maut bis hin zu jedem zweiten Landesportal –, ausgerechnet hier soll plötzlich der Heilsbringer kommen für die vielleicht intimsten Daten überhaupt. Psychodiagnosen, Therapieverläufe, die zartesten Seelenregungen eines Menschen. Vertrauen wir die wirklich dem digitalen Gebilde an, das nicht einmal eine Terminservicestelle fehlerfrei auf die Reihe kriegt?

Das wahre Kabinettstück der Mitteilung ist die gläubige Annahme, dass diese angekündigten "wichtigen Maßnahmen" irgendetwas Substantielles an der grundlegenden Absurdität ändern würden. Der Teufel, das wissen selbst IT-Laien, steckt nicht in der Ankündigung, sondern in der Umsetzung. Und die deutsche Umsetzung digitaler Großprojekte gleicht weniger einem Präzisionswerk, sondern eher einem Sturz über die eigene Bürokratie. Die ePA selbst ist bereits ein lahmer Krüppel, von Ärzten gemieden, von Patienten misstrauisch beäugt, ein technisches Mauerblümchen. Jetzt soll sie also plötzlich zur uneinnehmbaren Festung für unsere tiefsten Ängste und Schwächen werden? Welch ein schöner Traum. Welche schiere Ignoranz gegenüber der Historie deutscher IT-"Sicherheitsarchitekturen", die regelmäßig von Schulkindern mit einem Python-Grundkurs geknackt werden könnten.

Und der BDP? Er applaudiert. Er begrüßt. Er tut so, als ob das bloße Versprechen von "Schutz" – gesprochen von den gleichen Instanzen, die uns die digitale Verwaltungswüste beschert haben – irgendeinen Trost bieten könnte. Wo ist die bohrende Nachfrage? Wo die berechtigte Skepsis? Wo der Aufschrei: "Unsere Patientendaten sind keine Versuchskaninchen für euer nächste gescheiterte Digitalruine!"? Stattdessen: Zustimmung. Dankbarkeit sogar. Als ob man einem Kleinkind, das bereits drei Porzellanläden zertrümmert hat, für sein *Versprechen*, die nächste Vase nicht anzufassen, einen Orden verleiht. Es ist eine Kapitulation der kritischen Vernunft vor dem Druck des vermeintlich Unvermeidlichen, verbrämt als Fortschrittsoptimismus.

Das eigentlich Zynische daran ist die Botschaft zwischen den Zeilen: "Vertraut uns. Vertraut dem System." Das gleiche System, das nicht in der Lage ist, Bürgerämter zu digitalisieren, ohne dass Daten in dunklen Ecken des Internets auftauchen. Das gleiche System, das beim Thema Cybersicherheit regelmäßig von der Realität überholt wird. Aber ja, *dieses* Mal wird es anders. *Dieses* Mal sind die Maßnahmen wirklich "wichtig". *Dieses* Mal wird der Schutz unserer psychischen Befindlichkeiten – dieser unendlich zerbrechlichen Daten – perfekt sein. Glaubt es nur. Kauft es nur. Der BDP tut es. Eine bemerkenswerte Leistung im Wunschdenken.

Man möchte fast mitleidig lächeln, wäre die Sache nicht so bitterernst. Denn am Ende sind es nicht die Verbandsvertreter, die blauäugig Vertrauen schenken, sondern die Patienten. Menschen in vulnerablen Situationen. Deren tiefste Geheimnisse, deren Diagnosen, deren Therapienoten sollen nun in einer digitalen Truhe landen, deren Schloss aus Berliner Luft und gutem Willen geschmiedet ist. Der BDP jubelt dazu. Ein perfektes Sinnbild für eine Zeit, in der kritische Reflexion dem bequemen Mitläufertum weicht und "Begrüßung" zum Synonym für intellektuellen Bankrott wird. Viel Spaß beim Daten- und Vertrauensverlust. Die Geschichte wird es uns danken. Oder eher: anklagen.